Brand eines landwirtschaftlichen Anwesens in Günzach
Brand eines landwirtschaftlichen Anwesens in Günzach
Eingeschränkte Löschwasserversorgung - die wichtige Rolle der Landwirtschaft in der Löschwasserversorgung
Alarmierung
Am Abend des Pfingstmontages um 21:16 Uhr befuhr ein Autofahrer die Verbindungsstraße von Günzach nach Aitrang. Etwa 2km außerhalb von Günzach nahm er einen Feuerschein wahr und meldete der Integrierten Leitstelle (ILS) einen brennenden Schuppen. Durch den Disponenten in der ILS wurde umgehend die Feuerwehr aus Günzach und der zuständige Kreisbrandmeister mit dem Meldebild: „B2 – Brand Gartenhütte“ alarmiert. Kurz nach dem Ausrücken der Feuerwehr Günzach gingen bereits weitere Notrufe ein. Die nachfolgenden Meldungen waren alle identisch und schilderten einen Brand eines landwirtschaftlichen Anwesens, welches bereits in voller Ausdehnung brannte. Die Mitarbeiter/-innen der integrierten Leitstelle erhöhten um 21:22 Uhr auf das Schlagwort „B4 – Brand Landwirtschaft“ und alarmierten die Feuerwehren Obergünzburg und Wildpoldsried, den zuständigen Kreisbrandinspektor und den Rettungsdienst zum Einsatzort.
Rahmenbedingungen
Zum Zeitpunkt der Alarmierung herrschte über mehrere Tage warmes Sommerwetter. Die Flächen im Allgäu waren trocken und nahezu vollständig abgemäht. Bereits in der Alarmplanung wurde berücksichtigt, dass es sich an der Alarmadresse um ein Gebiet mit eingeschränkter Löschwasserversorgung handelt. Am Einsatzort steht in 150m Entfernung ein Überflurhydrant. Die nächste offene Wasserentnahemstelle liegt 1,6km entfernt. Am Gebäude wurde eine Zisterne mit 50m3 Inhalt verbaut. Bei Eintreffen der ersten Feuerwehr war die Zisterne auf Grund der massiven Wärmestrahlung bereits nicht mehr nutzbar.
Verlauf
Die Feuerwehr Günzach konnte auf Grund der günstigen Tageszeit bereits vier Minuten nach Alarmierung ausrücken. Bereits auf Anfahrt war von weitem eine hohe Rauchsäule zu sehen. Bei Anfahrt an das Objekt bestätigte sich das Meldebild. Der Wirtschaftstrakt eines vermeintlichen, landwirtschaftlichen Anwesens stand in Vollbrand. Auf Grund der Lage auf Sicht und der problematischen Wasserversorgung entschied sich der Kommandant der Feuerwehr Günzach bereits mit Ausrücken der Feuerwehr, die örtlichen Landwirte mit Traktoren und Pumpfässern um Unterstützung zu bitten. Da der einzige Hydrant im Bereich auf der Nordseite in 150m Entfernung zum Objekt steht, entschied der ersteintreffende Gruppenführer der Feuerwehr Günzach, die Einsatzstelle über die Nordseite anzufahren. Die erste Gruppe bereitete den Löschangriff auf die Brandwand vor und baute parallel die Löschwasserversorgung auf. Im Wohngebäude waren keine offenen Flammen zu sehen. Lediglich eine Rauchentwicklung aus dem Dachgeschoß des Wohngebäudes konnte beobachtet werden.
Aus Obergünzburg war zu diesem Zeitpunkt bereits ein kompletter Löschzug (Führungsfahrzeug, zwei Gruppenlöschfahrzeuge und eine Drehleiter), ein Tanklöschfahrzeug mit 5000l Wassertank und ein Logistikfahrzeug mit Atemschutzgeräten und Schlauchmaterial auf Anfahrt. Parallel rückte die Feuerwehr Wildpoldsried mit einem LF20 und einer Komponente zur Wasserförderung über 500m an. Der Löschzug aus Obergünzburg trifft um 21:31 Uhr an der Einsatzstelle ein. Nach kurzer Absprache mit der Einsatzleitung wird je ein Löschfahrzeug aus Obergünzburg auf der Nord- und der Südseite direkt an der Brandwand zur Abschirmung des Wohngebäudes eingesetzt. Parallel wurden zwei Trupps unter Atemschutz ins Dachgeschoß geschickt um den Entstehungsbrand dort zu löschen. Das Tanklöschfahrzeug speist die Löschfahrzeuge und bereitet den Einsatz eines Wasserwerfers auf der Nordseite vor.
In der weiteren Erkundung haben sich zwei weitere Schwerpunkte an der Einsatzstelle herausgestellt. Im Bereich der Westseite hat sich durch die Strahlungswärme bereits eine landwirtschaftlich genutzte Fläche entzündet. Der Brand breitet sich mit ca. 1m pro Minute aus. Auf der Süd-West Seite waren Garagen angebaut, in welchen Diesel gelagert war. Der Brand breitete sich fließend aus. Da das Gebäude an leichter Hanglage stand, musste die Brandbekämpfung zurückgestellt werden bis genügend Schaummittel im Einsatzabschnitt vorhanden war. Der Flächenbrand konnte durch das LF20 der Feuerwehr Wildpoldsried mit zwei C-Rohren soweit eingedämmt werden, dass er sich nicht weiter ausbreitet. Das LF20 bereitete parallel einen Schaumangriff zum Löschen des Diesels vor.
Bereits während der Erstmaßnahmen wird klar, dass das Schlauchmaterial der Feuerwehr Wildpoldsried nicht ausreicht, um eine Wasserförderung vom 1,6km entfernten Weiher zum Einsatzort aufzubauen. Die Feuerwehr Burg wird mit weiteren 1500m B-Schlauch und mehreren Pumpen nachgefordert. Beide Feuerwehren betreiben zusammen zwei B-Leitungen und Fördern im Verlauf des Einsatzes ca. 3000l Wasser pro Minute vom 1,6km entfernt liegenden Weiher zur Einsatzstelle.
Im Pendelverkehr wurden ca. 10 Landwirte mit großen Güllefässern eingesetzt. Der ersteintreffende Landwirt beteiligte sich mit einem Sattelzug mit angehängtem 30.000l Gülletransportwagen.
Bei der ersten Lagebesprechung konnte folgendes Lagebild beschrieben werden: Ein ehemaliges landwirtschaftliches Anwesen, welches mittlerweile als Werkstatt, Maschinenhalle und Lager für Fahrzeugteile genutzt wird, stand im Bereich des Wirtschaftstraktes im Vollbrand. Ein Übergreifen der Flammen auf das direkt angebaute Wohnhaus konnte bisher durch massiven Wassereinsatz durch die im Innenangriff eingesetzten Atemschutztrupps verhindert werden. Die Bewohner konnten das Gebäude selbstständig verlassen und blieben unverletzt. Eine Brandausbreitung findet in Form eines Flächenbrandes auf der Westseite des Gebäudes statt. Die Ressource Löschwasser muss primär sparsam eingesetzt werden. Da eine große Anzahl an Helfern mit der Wasserförderung beschäftigt war, entschied sich die Einsatzleitung, die Feuerwehr Aitrang zur Unterstützung im Einsatzabschnitt Schaden nachzufordern.
Etwa 30 Minuten nach Einsatzbeginn war die Wasserversorgung soweit aufgebaut, dass durch den Einsatz zweier B-Leitungen und den Pendelverkehr der Landwirte genügend Löschwasser an der Einsatzstelle vorhanden war. Der Brand konnte mit zwei Wasserwerfern, einem B-Rohr und neun C-Rohren bekämpft werden. Der brennende Diesel konnte durch die Feuerwehr Wildpoldsried schnell mit einem Schaumrohr gelöscht werden. Im Bereich des Flächenbrandes wurden Landwirte eingesetzt um die Felder mit Güllefässern zu wässern. Auch hier konnte zeitnah Feuer aus gemeldet werden. Auf Grund der eingelagerten Traktoren und PKWs wurde im weiteren Verlauf über das Wenderohr der Drehleiter ein Wasser-Schaummittel Gemisch zum Löschen des Brandes eingesetzt.
Fazit
Um 23:33 Uhr konnte der Einsatzleiter die Rückmeldung: „Feuer aus – Naschlöscharbeiten laufen“ an die ILS Allgäu melden. Die Nachlöscharbeiten zogen sich bis am Folgetag um 08:50 Uhr. Der Wirtschaftstrakt ist komplett abgebrannt. Das Wohngebäude konnte mit Hilfe der intakten Brandwand vor Brandschäden bewahrt werden. Bedauerlicherweise konnte das Wohngebäude auf Grund des enormen Wasserschadens nicht weiter bewohnt werden.
Zur Verpflegung der eingesetzten Einsatzkräfte öffnete das Gasthaus Hirsch in Günzach um Mitternacht die Türen. Alle Einsatzkräfte wurden mit Getränken und einer warmen, herzhaften Mahlzeit gestärkt.
Die wichtige Rolle der Landwirtschaft in der Wasserversorgung
Während in Städten und Bereichen mit normaler Siedlungsbebauung in der Regel alle 50 Meter ein Hydrant zur Wasserentnahme für die Feuerwehr zu finden ist, sieht die Lage im ländlich strukturierten Allgäu außerhalb von Dorfzentren und Ortschafen, oftmals komplett anderst aus. Hydranten gibt es wenige, offene Wasserentnahmestellen befinden sich meist nicht in unmittelbarer Umgebung zum Schadensobjekt. In der Alarmplanung der Feuerwehr sind in diesen Bereichen sog. „Komponenten zur Wasserförderung über lange Wegstrecken“ eingerichtet. Der Aufbau der Wasserförderung ist in der Regel höchst personalintensiv und nimmt einige Zeit in Anspruch.
Um die Zeit des Aufbaus der Löschwasserversorgung zu überbrücken, werden vielerorts Landwirte mit Traktoren und Pumpfässern im Pendelverkehr eingesetzt. Die Kapazität von modernen Güllefässern übertrifft die Kapazitäten der Löschfahrzeuge der Feuerwehr oftmals um ein Vielfaches. Im oben bereits genannten Fall des Flächenbrandes, kann das Löschwasser direkt aus dem Güllefass auf den Flächenbrand aufgebracht werden. In der Regel erfolgt die Übergabe allerdings an der Einsatzstelle an Pumpen der Feuerwehr.
Ein weiterer Vorteil, welcher sich immer wieder abzeichnet, ist die Geländegängigkeit der eingesetzten Fahrzeuge. Ein Traktor kann oftmals Objekte erreichen, welche mit Schwerfahrzeugen der Feuerwehr nur bedingt angefahren werden können.
Bei vergangenen Einsätzen hat sich gezeigt, dass die Landwirtschaft untereinander enorm gut vernetzt ist. Wird die Kette einmal in Gang gesetzt, steht innerhalb kürzester Zeit eine Vielzahl von Fahrern mit Gerät zur Verfügung. In der Erstphase des Einsatzes stellt das eine Unverzichtbare Unterstützung für die Feuerwehren dar.
Einsatzart | Brand |
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Einsatzstart | 1. Juni 2020 21:16 |
Einsatzdauer | 11,5 |
Alarmierte Einheiten | FF Günzach FF Obergünzburg FF Wildpoldsried Landwirte mit Güllefässern Sattelzug mit 30.000l Gülletransportwagen KBI Florian Brell KBM Michael Wetzler |